Katharina Blum oder: Wie Gewalt entstehen und wohin sie führen kann
Nach der Erzählung von Heinrich Böll

Copyright Theater Konstanz / Ilja Mess

In der 1974 veröffentlichten Erzählung Die verlorene Ehre der Katharina Blum rekapituliert Heinrich Böll vier Tage im Ausnahmezustand einer jungen Frau: Katharina Blum lernt auf einer Party einen Mann kennen, verbringt mit ihm eine gemeinsame Nacht und findet sich am nächsten Morgen plötzlich im Mahlwerk von Presse und Obrigkeit wider. Sie steht unter Verdacht, dem polizeilich gesuchten Ludwig Götten zur Flucht verholfen zu haben. Polizei und Medien stürzen sich auf sie. Liebe, Flucht, ein kostspieliger Ring, eine junge Schönheit, unbekannte Herren – der Stoff aus dem Front-Page-Stories gemacht werden. Am Ende wird Katharina so weit getrieben, dass sie zur Waffe greift.

KATHARINA BLUM entwickelt sich auf der Bühne zu einem Spiel um Meinungsterror, Marginalisierung und Macht. Die Inszenierung von Regisseurin Franziska Autzen zeigt ein wütendes Pamphlet gegen die Beschränkung des Menschen auf gesellschaftlich definierte Geschlechter- und Rollenklischees und wird zu einem Plädoyer für das Recht auf Selbstbestimmung. Was bleibt am Ende, wenn man Gefahr läuft, die eigene Autonomie zu verlieren?

Stellen Sie sich mal vor, Sie müssten mit den Schlagzeilen eines anderen Menschen leben.

Monica Lewinsky / The price of shame / TED Talk 2015

Autor: Heinrich Böll
Regie: Franziska Autzen
Dramaturgie: Hannah Stollmayer
Bühne & Kostüm: Ute Radler
Musik & Komposition: Johannes Hofmann
Licht: Lukas Dikomey
Ton & Video: Moritz Läpple &  Jaime Fernández da Costa 

Mit: Ioachim-Willhelm Zarculea, Johanna Link, Hanna Eichel, Sebastian Haase

Denn die Meute, die hier spekuliert, inspiziert und aburteilt, ist weder Polizei noch Gerichtsbarkeit. Es ist die Realität eines digitalen Raums, in dem Zuständigkeiten und Rechtsbereiche auf merkwürdige Weise entgrenzt, aufgehoben sind. Was ein Ermittler ist, was ein Richter und wo das Publikum sitzt: Das alles löst sich auf in einer weder be- noch angreifbaren Öffentlichkeitswolke.

Südkurier

Das Ensemble führt in bedrängenden Bildern vor, was mit Menschen passiert, die ungeschützt von einer Öffentlichkeit gehetzt werden, denen man die Würde und das Recht auf Selbstbestimmung nimmt. Es gilt das grundlegende Prinzip des Grundgesetzes „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ stets zu verteidigen. 

Die deutsche Bühne

Genussfreudig, feministisch, politisch vermutlich links stehend: Stück für Stück puzzeln sie die Indizien zu einem Persönlichkeitsprofil zusammen.

Südkurier

Dem angekündigten Schuss gehen treffsichere Salven verbaler Gewalt voraus; Bölls Text protokolliert sie nüchtern, auf der Bühne entfalten sie in wechselnder Tonlage ihre Niedertracht und Gefährlichkeit – dies umso mehr, als die Regie sie keinem auf der Bühne erspart und keinen darüber erhaben sein lässt, ob im Polizeiverhör oder einer Persiflage der TV-Kuppelshow „Herzblatt“, in der Katharina ihren Traummann finden soll. (…) Autzen lässt die Bühnenrückwand regelrecht zutexten mit Unflätigkeiten, wie Internettrolle sie mit perverser Lust absondern, und blendet auch in die ersten Reihen des Zuschauerraums: „Bock auf Sex?“ Nur für den Fall, dass jene, die da sitzen, noch nie „Zudringlichkeit“ erlebt haben, wie Katharina.

St. Galler Tagblatt

Weitere Informationen und laufende Vorstellungstermine:

https://www.theaterkonstanz.de/programm/stueckeseiten/katharina+blum

Pressestimmen:

https://www.die-deutsche-buehne.de/kritiken/die-wuerde-des-menschen-bleibt-unantastbar

https://www.tagblatt.ch/kultur/ostschweizerkultur/premiere-im-hamsterrad-der-oeffentlichen-meinung-das-theater-konstanz-spielt-heinrich-boells-katharina-blum-frei-von-retro-charme-ld.2258975?reduced=true

https://www.suedkurier.de/ueberregional/kultur/die-oeffentlichkeit-bastelt-sich-eine-schuldige-boells-katharina-blum-am-theater-konstanz;art10399,11065721