Poupette
Von Marie Jung / Uraufführung
Sie heißt Anna Denise Schmit. Genannt: Poupette. Sie ist 96 Jahre alt.
Sie ist Unterhalterin, Widerstandskämpferin, Schriftstellerin, Garagistin — und noch vieles mehr.
Und sie ist auf der Suche nach etwas.
Am Ende unseres Lebens scheint wenig von uns übrig zu bleiben.
Ist es ein Haufen Möbel, die Kleidung an unserem Körper? Oder sind es nicht vielmehr die Eindrücke, die wir bei anderen Menschen hinterlassen haben? Aber was sind das für Eindrücke? Wollen wir uns überhaupt über die Eindrücke, die andere Menschen von uns haben, definieren lassen? Haben diese Menschen nicht immer nur einen Teil von einem gesehen? Und inwiefern wird ihr Blick durch die patriarchale Gesellschaft geprägt, was davon ist antrainiert?
In einer Gesellschaft der zwanghaften Selbstoptimierung, in der wir nicht über Fehlgeburten, über Schmerz, Angst oder das Scheitern an sich sprechen, in der zunehmend Gewalt, Kapital und fakeness dominieren, fällt es hinter all den Masken schwer, sich selbst zu finden.
Und jedwede Selbstsuche und -findung kann auch sehr trügerisch sein: Was erinnern wir richtig, was haben wir dazu erfunden, dazu gedichtet? Was entspricht eigentlich eher unserem eigenen Traum von uns als der so genannten Realität?
„Das ist dann wie im Zoo: zwei Tiere auf beiden Seiten. Nur: das eine hat bezahlt. Das andere muss dafür bezahlen, dass das eine bezahlt hat. Und wer ist das denn jetzt von uns beiden?
Poupette
Marie Jungs erster Bühnentext erforscht die Ambivalenz und die Gleichzeitigkeit scheinbarer Paradoxien, das real existierende Nebeneinander verschiedener Wahrheiten, die im selben Moment auch Lügen sein können. Ihr Monolog ist eigentlich ein Dialog — zwischen Text und Laut, Schauspielerin und Publikum, Figur und Selbst. Zwischen dem Ich und der Welt, die dieses Ich, diese Frau, reduzieren und in ein Schema pressen will. Doch die Frau leistet Widerstand.
Ich denke nicht daran, mich selbst einzuschränken, nur weil die Leute nicht akzeptieren, dass ich etwas anders mache.
Dolly Parton
Autorin: Marie Jung
Regie: Franziska Autzen
Bühne: Christoph Rasche
Kostüme: Denise Schumann
Maske: Katja Alexis-Reinert
Licht: Daniel Sestak
Assistenz: Sara Goerres
Mit: Marie Jung
Marie Jungs Text bleibt dabei stets so elliptisch, dass der feministische Einschlag des Textes nie plakativ wirkt, ist aber in seinen Erinnerungsfragmenten und Lebensskizzen gleichzeitig konkret genug, um der Figur der Poupette ausreichend Tiefe zu geben. Denn diese Lebensgeschichte will kein ausführliches Porträt, kein teleologisches Selbstnarrativ sein – vielmehr werden hier Erinnerungen skizziert, die eben kein einheitliches Gesamtbild ergeben, sondern eine Frauenfigur in ihrer Vielfalt, ihren Widersprüchen erzählen.
Tageblatt Lätzebuerg
Mit „Poupette“ ist Marie Jung ein vielversprechendes erstes Theaterstück gelungen, dem sie, dank der präzisen, gleichzeitig überdrehten und behutsamen Regie von Franziska Autzen, auch auf der Bühne eindrucksvoll Leben einhaucht.
Tageblatt Lätzebuerg
Mit Dank an den Nationalen Kulturfond / Edmond-Dune-Stipendium (Luxemburg)
Weitere Informationen und laufende Vorstellungstermine:
https://www.tnl.lu/poupette
Pressestimmen:
https://www.tageblatt.lu/headlines/sich-fuer-sich-selbst-vierteilen-poupette-von-und-mit-marie-jung-im-tnl/